Wir brauchen Role Models - Prof. Dr. med. Beatrice Latal

 

Prof. Dr. med. Beatrice Latal, Co-Leiterin der Abteilung Entwicklungspädiatrie am Kinderspital Zürich, Professorin für Entwicklungspädiatrie an der Universität Zürich

Ich habe Frau Professorin Latal vor vielen Jahren im Rahmen der Entwicklung meiner Führungskurse für Ärztinnen kennengelernt. Mir war es damals wichtig, von erfolgreichen Ärztinnen, die sich auch aktiv für Frauenkarrieren einsetzen, zu lernen und so meine Angebote für meine Kursteilnehmerinnen wirklich nützlich zu gestalten. Beatrice Latal ist für mich ein sehr wichtiges Role Model, weil sie echtes Engagement für ihre jüngeren Kolleginnen lebt und nie vergisst, welchen Weg sie selber gegangen ist und welche Hürden sie genommen hat.

Liebe Frau Professorin Latal. Sie sind seit 2012 Co-Leiterin der Abteilung Entwicklungspädiatrie am Kinderspital Zürich, sind Professorin an der Universität Zürich, und leiten an der medizinischen Fakultät das Laufbahnförderprogramm «Filling the Gap». Was an der Führung gefällt Ihnen?

An der Führung gefällt mir, dass man mit verschiedenen Menschen zusammenarbeiten und mit ihnen die Arbeit gestalten, etwas bewirken kann. Ich finde es sehr spannend, ein Team zu führen, in dem jeder und jede eine andere, sich gegenseitig ergänzende Expertise hat. 

Hier ein Beispiel, das zeigt, wie sich gute Teamleistung und gegenseitige Wertschätzung auch in scheinbar unspektakulären Situationen zeigen kann: Wir ziehen bald mit dem Kinderspital Zürich in einen Neubau. Wir teilen uns die Aufgaben für die verschiedenen Aspekte der Vorbereitung auf, so dass jeder an etwas arbeiten kann, was sie oder er gerne und gut macht. Jemand richtet die Zimmer ein, eine andere Person übernimmt administrative Angelegenheiten, jemand übernimmt die Planung des Umzugs für die Forschung. Da sind wir ein sehr gutes Team. 

Wann brauchen Sie in der Führung besonders viel Mut? Und was hilft Ihnen dabei?

Ich brauche viel Mut, wenn ich schwierige Gespräche führen muss. Das kann beispielsweise ein Gespräch sein, in dem ich jemandem sagen muss, dass wir uns von ihm/ihr trennen müssen. Das finde ich schwer, aber man muss dazu stehen können. Zum Glück passiert das selten. Es hilft dann, sich gut mit anderen Personen (insbesondere meiner Co-Leitung) auszutauschen und das Gespräch sehr gut vorzubereiten. 

Was möchten Sie für sich und Ihre Klinik in den nächsten zwei bis drei Jahren erreichen?

Ich will, dass wir weiterwachsen und sich alle im Team weiterentwickeln und entfalten können. Ich will, dass wir voneinander lernen und uns gegenseitig respektieren. Alle Mitarbeitenden unserer Abteilung sollen gerne zur Arbeit kommen. Denn nur dann sind wir die besten Fachpersonen für unsere Patientinnen und Patienten. 

Wann sind Sie in Ihrer Führungsarbeit richtig glücklich?

Wenn ich jemandem geholfen habe, etwas zu erreichen. Das können ein Preis oder Forschungsgelder sein. Vielleicht ist es auch ein nächster Karriereschritt. Ich bin auch glücklich, wenn wir als Team etwas erarbeitet haben, das nur in der Teamarbeit und im gegenseitigen Austausch möglich ist und zu einer Verbesserung unserer Arbeit führt. 

Wie führen Sie? Flach, hierarchisch?

Ich glaube, dass ich einen partizipativen Führungsstil habe. Das bedeutet, dass ich wirklich mit anderen gemeinsam nachdenke und die Meinung der einzelnen Team-Mitglieder zu verstehen versuche. Danach bemühe ich mich darum eine Synthese zu finden, Meinungen aus meiner Führungsperspektive zu gewichten, um eine gute Entscheidung zu fällen. Diese wird in der Regel nochmals mit dem Team angeschaut und so sind wichtige Entscheidungen immer gut abgestützt und ich fühle mich von meinem Team getragen. Das finde ich wirklich toll.

Sie leiten das Laufbahnförderungsprogramm «Filling the Gap» der medizinischen Fakultät der Universität Zürich. Weshalb braucht es solche Programme? Und wer hat Chancen, in dieses Programm aufgenommen zu werden?
Das Programm hat das Ziel, den „Gap“ zwischen Frauen und Männern in akademischen Führungspositionen an der medizinischen Fakultät der UZH zu schliessen, da immer noch deutlich weniger Frauen in diesen Positionen sind („Leaky pipeline“). Ausserdem will das Programm klinisch Forschende unterstützen, indem sie geschützte Forschungszeit bekommen. Wir unterstützen Kolleginnen und Kollegen, die an den universitären Spitälern der medizinischen Fakultät Zürich und an deren Partnerspitälern klinisch tätig sind und ein exzellentes Forschungsprojekt durchführen wollen. Das Programm basiert auf drei Säulen, die aus Mentoring, protected research time (20-50%) und aus der Unterstützung der Klinikdirektion besteht. Dabei sind familiale oder Care-Verpflichtungen ein zusätzliches Kriterium im Bewerbungsverfahren um einen Platz im Programm.