Führen Frauen anders?
Während der Covidkrise haben wir immer wieder anekdotisch von Frauen gehört, die besser als Männer durch diese herausfordernde Zeit führen. Inzwischen gibt es Evidenz dafür, dass Frauen zumindest als bessere Krisenführerinnen wahrgenommen werden (Studie 2020). Sie zeigen mehr Leadershipkompetenz, sind engagierter, kommunizierten besser und bauen Beziehung zu den Menschen auf.
Wenn wir nun mehr Frauen an der Spitze von Unternehmen und Regierungen wollen, dann sehen wir einerseits, dass sie sich einer männlich geprägten Führungs- und Kommunikationskultur anpassen müssen, um aufzusteigen. Andererseits sehen wir die weit verbreitete schlechte Führungsqualität, die mehrheitlich von Männern gelebt wird. Sie sind es ja, die die meisten Führungspositionen innehaben. Da stellt sich schon die Frage, ob Frauen diese Anpassungsleistung wirklich erbringen sollen, wenn wir bessere Führung wollen. Es stellt sich aber auch die Frage, ob Frauen denn wirklich anders und auch erfolgreicher führen als Männer.
In der Tat zeigen grosse quantitative Leadershipstudien, dass Genderdifferenzen in Führung entweder nicht-existent sind oder eher zu Gunsten der Frauen ausfallen. Die vorhandenen Strukturen, Beförderungsmechanismen und Auswahlkriterien führen sowohl bei Frauen wie bei Männern zu einer unguten Selektion.
In einigen Punkten scheinen aber Frauen effektiv besser zu führen als Männer. Daran könnten sich Letztere orientieren, um ihren Beitrag zu einer qualitativ hochstehenden Führungskultur zu leisten. Aber was wäre das denn überhaupt? Tomas Chamorro-Premuzic, CIO von Manpower, und Cindy Gallop, unter anderem CEO von “IfWeRanTheWorld” listen folgende Leadership-Skills auf, die Männer von Frauen übernehmen sollten:
1. Drängele dich nicht vor («don’t lean in», in Anlehnung an Sheryl Sandberg), wenn du nichts zu bieten hast: Statt auf Durchsetzungskraft sollten wir, besonders in Bewerbungsverfahren, mehr auf Intelligenz, Neugierde, Empathie, Integrität und persönliche Weiterentwicklungsbereitschaft achten.
2. Kenne deine Grenzen: Frauen neigen seltener als Männer zu allzu hoher Selbsteinschätzung. Sie bereiten sich auf Aufgaben besser vor und steigern so laufend ihre Kompetenzen und ihre Performance.
3. Motiviere durch Transformation: In der sogenannten transformationalen Führung sind Inspiration, Veränderung von unguten Glaubenssätzen und Verhaltensweisen bei sich und anderen und Teamarbeit auf hohem Niveau von zentraler Bedeutung.
4. Stelle deine Mitarbeitenden in den Vordergrund und nicht dich selbst: Gute Führungskräfte sind weniger narzisstisch und an Statussymbolen nicht besonders interessiert.
5. Befehle nicht, sondern zeige Empathie: Wertschätzung und Einfühlungsvermögen unterscheiden Führungskräfte von künstlicher Intelligenz und Automation. Dies ist und wird der wesentliche Beitrag von Führung zur Arbeitswelt sein.
6. Setze dich für die Entwicklung anderer ein: Sei Coach, Mentorin und fördere die Talente deiner Mitarbeitenden.
7. Sei demütig: Ohne Demut fällt es schwer, Fehler einzugestehen, aus Erfahrung zu lernen und Veränderungen herbeizuführen. Wendigkeit und Geschick, die uns die sich rasend schnell ändernde Umwelt abverlangt, gehen hochmütigen Menschen ab.
Diese sieben Punkte könnten den Inhalt einer guten Führungsschulung bilden. Nur wird in diesem Rahmen selten erwähnt, dass es hier ein Genderthema gibt und dass die Schulung in erster Linie männlichen aufstrebenden Führungskräften «weibliche Führung» beizubringen versucht. Wenn man dies benennt, stolpert man aber umgehend in die nächste Falle: «Softskills» (die ja eigentlich die «Hardskills» sind), als «weibliche Führungsskills» zu verkaufen, kann dazu führen, dass man Frauen nur die weichen Seiten von Führung zutraut. Durchsetzungskraft und harte, aber faire Entscheidungen gehören dann wiederum zum Repertoire der Führungsmänner. Die Soziologin Rastetter bezeichnet dieses Phänomen deshalb als erneute mikropolitische Taktik, mit der Frauen in der Führungskarriere disqualifiziert werden sollen. Frauen bleiben gewissermassen in der «Empathie -und Beziehungsecke».
In meinen Führungsworkshops zeige ich deshalb Frauen auf, wie sie sich besser durchsetzen und verkaufen. Ich verrate ihnen konkrete Tricks und Strategien, mit denen sie sich verteidigen können, wenn sie angegriffen werden. Dies erscheint zunächst als Widerspruch zur Forderung nach mehr «weiblicher Führung». So lange die Machtverhältnisse aber sind, wie sie sind, und Frauen nur eine kleine Minderheit an der Spitze darstellen, so lange werden sie Kultur und Kommunikation ganz oben nicht prägen. So lange Führungspositionen durch intransparente Seilschaften besetzt werden und das Stereotyp der männlichen Führungskraft in den Köpfen steckt, werden Frauen es mit Softskills und Kompetenz allein nicht schaffen.
Ich bin der Überzeugung, dass sich Frauen in Führungsausbildung und -coaching mit zwei Sets von Fähigkeiten beschäftigen müssen: Mit Durchsetzungsvermögen und guter Führung.
Diese Unterstützung kann ich Ihnen bieten:
Workshops “Fertig mit nett!” und “Nicht mit mir!”, live vor Ort in Zürich und Bern.
Führungslehrgang für Ärztinnen “Frau Doktor führt!”, Hybridangebot in Zürich und online
Einzelcoachings online und in Basel für Führungskräfte.
Beratung und Unterstützung von Organisationen, denen es ernst ist mit der Förderung von Frauenkarrieren